Verrücktes Etappenrennen auf Elba
von Matze
Anders als im klassichen Radsport, sind Etappenrennen im Triathlon ja eher unbekannt. Rennserien gibt es natürlich, allen voran Weltcup oder Bundesliga, aber eben verteilt auf eine ganze Saison. Schon zwei Rennwochenenden am Stück gelten da als Terminkollision. Umso spannender fand ich die Idee, an der „Irontour Elba“, auf der wunderschönen toskanischen Insel ca. 4h Reise von meinem Wohnort Florenz gelegen, teilzunehmen.
5 Sprint-Triathlons in 5 Tagen, von Mittwoch bis Sonntag, so das Format. Geschwommen wurde täglich an einem anderen Strand, aber immer im offenen Meer. Die rund 20km lange Radstrecke hatte täglich zwischen 300 und 700 Höhenmetern zu bieten under etwa 5km-Lauf auch nochmal 100-300 hm (mit der Ausnahme einer einzigen Flachetappe). Windschattenfahren (wie bei den meisten Rennen in ITA) an allen Tagen erlaubt. Die ideale Weise also, um die Insel bestens kennenzulernen und sich auf anspruchsvollen Strecken die sportliche Kante zu geben!
Konkrete Zielvorgaben hatte ich nicht. 4 Monate nach meinem schweren MTB-Unfall war ich in erster Linie froh, wieder im Wettkampfgeschehen zurück zu sein und hoffte, dass mein noch immer eingeschränkt bewegungsfähiges Handgelenk und das weiterhin geschwollene Knie 5 Renntage in Serie moglich machen würden. Ein kleiner Lauf und erster Triathlon, ca. 4 Wochen zuvor, hatten da nicht unbedingt viel Hoffnung gemacht.
Täglich gab es eine Einzelwertung und in Abhängigkeit von der jeweiligen Teilnehmerzahl konnte man Punkte für die Gesamtwertung ergattern, wobei das schwächste der 5 Ergebnisse dann gestrichen wurde. Einerseits eine gute Initiative (da man so nicht durch den einen einzigen Defekt die gesamte Serie verhauen konnte), andererseits aber auch ein wenig absurd, denn letztlich war aufgrund der höheren TN-Zahl am abschliessenden Sonntag der 30. Gesamtrang dort wertvoller als ein Gesamtsieg am Mittwoch. In dieser logischen Lücke lag auch schon die einzige Schwäche der Veranstaltung, die ansonsten bestens organisiert war. Streckenbeschilderungen, Reglementeinhaltung, Verpflegung, Massageservice und Gesamtablauf: Alles top und reibungslos. Ein Geheimtipp! Dazu ein einzigartiges Familiengefühl, wie ich es bei anderen WK noch nie gespürt hatte. Wer täglich mit- und gegeneinander Rennen bestreitet, wächst irgendwann auch einfach ein wenig zusammen.
Die erste Etappe führt mit zwei verschiedenen Wechselzonen von Lacona nach Naregno. Nach dem Schwimmen lag ich an guter 9. Stelle und fand bald ein harmonierendes 5er Grüppchen, das hinter der Doppelspitze um Rang 3 kämpfte. Am einzig wirklich giftigen Anstieg (1km bei knapp 10%) attackierte ich und konnte den Vorsprung auch über die scharfe Abfahrt zum zweiten Wechsel retten. Allerdings schloss bald darauf ein flinker Anfang-20er zu mir auf und auf den letzten knapp 2 km konnte ich angesichts zunehmender Kniebeschwerden nicht ganz folgen. Rang 4 war zwar erst mal etwas enttäuschend (für den 3. hätte man 100 € Preisgeld kassiert), aber ein guter Auftakt.
Tags drauf lag das Ziel in der Höhe, in Marciana Alta, just dort wo wir für die Tage Lager bezogen hatten. Bei der Auffahrt (wieder war ich 9. nach dem Schwimmen), war ich dieses Mal allein. Angesichts sehr geringer Steigungsgrade (meist nur 3%) wäre eine Gruppe sehr vorteilhaft gewesen und ich wechselte als 6. mit über 1min Rückstand zum laufen. Die Strecke durch den pittoresken Ortskern und den Wald der Santa Madonna hatte es echt in sich. 300hm auf 5km sind schon der Hammer beim Laufen… tatsächlich konnte ich noch zwei Mann kassieren, musste mich einem von ihnen aber im Schlussspurt um Rang 4 knapp geschlagen geben. Es war der Jungspund vom Vortag, der nun 2 Platzziffern vor mir auf Rang 3 gesamt lag.
Die dritte Etappe war die erste mit Start und Ziel an einem Ort: Marina di Campo, einer der grössten Badeorte der Insel. Als 10. aus dem Wasser fand ich schnell Anschluss zur Gruppe um meinen direkten Konkurrenten der Vortage. Bergauf wagte ich eine Attacke, konnte den knappen Vorsprung in technischer Abfahrt ohne Ortskenntnisse jedoch nicht ganz halten. Zu fünft wechselten wir auf die flache Strecke. Flach und schnell, davor graute mir angesichst des Knies am meisten, doch ich konnte mich langsam lösen, immerhin eine 17 niedrig erzielen und wurde wieder 4. des Tages. In der Gesamtwertung rückte ich auf den 3. Platz vor.
Tag 4 in Cavo war von der Radstrecke her am unbeständigsten. Es ging nicht einen Meter flach voran und alle 1.000m wechselten sich Abfahrt und Steigung ab. Durch lange Alleinfahrt hatte ich einen schweren Stand, schaffte es aber kurz vorm Wechsel noch als Solist rechtzeitig in die Gruppe hinter dem Spitzenduo. Die Laufstrecke glich einer Xterra-Piste. Spitze Steine (die auch gleich meine Schuhe zerfetzten), grosse Höhenunterschiede und tief herab hängendes Buschwerk auf Augenhöhe inklusive. Als ich mich knapp von den Begleitern gelöst hatte und erstmals Rang 3 entgegen zu laufen schien, überholte von hinten ein Teilnehmer, der mir an den Vortagen gar nicht aufgefallen war. Er rannte mit über 1min Vorsprung die schnellste Zeit des Tages und schnappte mir einmal mehr den 3. Tagesrang weg. Durch Platz 4 baute ich jedoch meinen 3. Gesamtrang weiter aus.
Die Schlussetappe führte durch den romantischen Hauptort der Insel, durch Portoferraio, wo einst Napoleon im Exil Unterschlupf gesucht hatte. Heute war die Teilnemerzahl am grössten und damit die Gefahr gegeben, noch mal alles am letzten tag zu verlieren. So sollte es zB dem bis dato Führenden, der 3 von 4 Etappen gewonnen hatte, ergehen: Er wurde aufgrund eines Wechselfehlers aus der Tageswertung gelöscht und rutschte durch den unverkraftbar grossen Punktverlust bis auf den 6. oder 7. Gesamtrang zurück. Das wusste ich natürlich erst nach dem Rennen. Bis dahin lief alles ähnlich wie am Vortag. Ich hatte im Lauf die erste grössere Verfolgungsgruppe gesprengt, wurde aber wieder von dem wundersamen Spitzenläufer einkassiert und ein letztes Mal zum „ewigen 4.“ gemacht.
Es reichte für den 5. Altersklassensieg in Serie, v.a. aber – auch begünstigt durch die DSQ des designierten Gesamtsiegers – für eine tollen 2. Gesamtrang nach 5 Tagen hartem, aber wirkluich schönen Wettkampfsport. Als ich, eingereiht zwischen zwei Italienern und unter Erklingen der Hymne, auf dem Podium stand, kam dann schon etwas Stolz auf. In erster Linie war ich einfach nur dankbar, dass so ein sportliches Highlight kaum 4 Monate nach Knochenbrüchen und einer nicht so einfachen Zeit wieder möglich war.
Wer mal nach einer etwas anderen WK-Herausforderung sucht (ohne dass es immer gleich auf Ironman und x-fach Ironman hinaus laufen muss), dem lege ich Irontour Elba ans Herz. Grosse Klasse, meine bislang vielleicht schönste Wettkampferfahrung überhaupt.